Mal ganz ohne Horoskop.
Ich finde mitunter, dass es in der Astrologie ein wenig an dem mangelt, was man in den Geisteswissenschaften "Erkenntnistheorie" nennt.
Und die Astrologie ist gar nicht gut beraten, wenn sie dem die kalte Schulter zuwendet, sich also einer m.E. notwendigen Selbstreflexion verweigert.
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Jeder Student der Literaturwissenschaft erfährt, schon im ersten Semester, dass er in die Irre geht, wenn er Werk und Biographie nicht klar trennt.
Und schon jedem Pennäler wird klargemacht, was das "lyrische Ich" ist.
Aber eben dies - Vermengung von Person und Werk - üben wir munter in der Astrologie. Dagegen war auch ein Th. Ring nicht gefeit - wie die Lektüre von - z.B. - "Genius und Dämon" zeigt.
Eine "übel gestellte " Venus mag ihre Negativspuren in der Vita des Nativen hinterlassen. Sie kann, muss aber keineswegs miteingehen in das Werk des Betreffenden - gleich ob bildender Künstler, Dichter/Schriftsteller, Musiker.
Da finden sich zahllose Beispiele. - Ist das Horoskop eines Philosophen identisch mit dem seiner Philososphie? Natürlich nicht, wird man vernünftigerweise sagen. Hat, um beim Beispiel zu bleiben, die Philosophie des Betreffenden in seinem Horoskop ihren Niederschalg gefunden? Natürlich ja, wird man sagen. - Aber wo ist das Biographische dokumentiert, wo das "Werk", wo sind die Schnittstellen, die Überlagerungen?
Antworten wie : siehe MC ("die Bedeutung") - oder "siehe Quadrant IV" können da nicht überzeugen. Gibt es überhaupt die Möglichkeit hier im Horoskop eine Trennlinie zu finden? Ich persönlich glaube: nein.

Grüße,
Klaus

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Das ist ein Thema ! das mich auch immer wieder beschäftigt -
zur Zeit wegen Gottfried Benn.

Beim lesen der Kiesel-Biographie über Ernst Jünger - stieß ich auf Vorgänge
durch Gottfried Benn. Kiesel geht sehr ausgreifend auf die Zeit
& Persönlichkeiten um E.J. ein - sehr informative Herangehensweise,
wie er die "Umgebung" mitnimmt.

Ich wußte z.B. nicht, wie Gottfried Benn am Anfang knallhart Kollegen
aus den Künstlerebenen ! Nazi-orientiert ! "aussortiert" ! hat.

Benn war etwas widersprüchlich angelegt, oder? Immerhin muß ich
sagen, im Gegensatz zu E.J., hat Benn also Menschen ausgeliefert
& damit ins Unglück gestürzt. Ernst Jünger hat sich jeglicher Vereinnahmung
verweigert.

Das Erscheinungsbild unterscheidet sich auch von dem sehr schönen Äußeren
von Ernst Jünger - möchte ich sagen. Gottfried Benn hatte
so einen brutalen Ausdruck an sich - klobig fast. Das hab ich nie zu den
gedanklich, glasklaren reine Schnitte im Gedicht verstanden.

Ich denke das zeigt sich als "Farbe" auch im Horoskop.... ? Vielleicht ein
Beispiel im Vergleich zu Jünger. Das Radix sagt vielleicht nicht
um WAS es geht
doch vielleicht - WIE einer mit Situationen umgehen will kann muß...?
Angesprochen über Gefühl & Verstand & "gesellschaftl." Anforderungen.
Der Weg der reicht, um Jemand in Bedrängnis zu bringen...
und zum Handeln.

( und
hihihi .... zeigt sich da nicht diese kürzlich angesprochene
unzüchtige Venus Jupiter Oppos. .... ?)

Hier
.....Gottfried Benn Radix



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Doch Benn-Lyrik ist & bleibt nunmal herausragend zeitlos tief & wahr.
und
wenn ich schon dabei bin: 4 Gedichte

Wer allein ist . . . . . .

Wer allein ist, ist auch im Geheimnis,
immer steht er in der Bilder Flut,
ihrer Zeugung, ihrer Keimnis,
selbst die Schatten tragen ihre Glut.

Trächtig ist er jeder Schichtung
denkerisch erfüllt und aufgespart,
mächtig ist er der Vernichtung ____?____ H. 11 H. 8
allem Menschlichen, das nährt und paart

Ohne Rührung sieht er, wie die Erde
eine andere ward, als ihm begann,
nicht mehr Stirb und nicht mehr Werde:
formstill sieht ihn die Vollendung an
​...handschriftliche Überlieferung aus einem Brief vom
____________________________________24.7.1936

Nur zwei Dinge (mein absolutes Lebens-Begleitung-Gedicht)

Durch soviel Formen geschritten,
durch Ich und Wir und Du,
doch alles blieb erlitten
durch die ewige Frage: wozu?

Das ist eine Kinderfrage.
Dir wurde erst spät bewußt,
es gibt nur eines: ertrage
- ob Sinn, ob Sucht, ob Sage -
dein fernbestimmtes: Du mußt.

Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere,
was alles erblühte, verblich,
es gibt nur zwei Dinge: die Leere
und das gezeichnete Ich.
​_____________________1953​

​Ein Wort​

„Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort – ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.“
​___________________________1941​

Epilog

„Die vielen Dinge, die du tief versiegelt
durch deine Tage trägst in dir allein,
die du auch im Gespräche nie entriegelt,
in keinen Brief und Blick sie ließest ein,

die schweigenden, die guten und die bösen,
die so erlittenen, darin du gehst,
die kannst du erst in jener Sphäre lösen,
in der du stirbst und endend auferstehst.“
________________________________1949

Wie kann einer mit der "Wahrnehmung" ins Leben eines Anderen so sträflich
einwirken - der mußte doch wissen - was da durch ihn passiert ?

Hallo Transit,
wie so mancher "Große",hatte Benn seine Schattenseiten. Oder sollte ich sagen: wie jeder "Große"?
Wer ein "edles Werk" hervorbringt, muss bekanntlich nicht über einen edlen Charakter verfügen.
So auch wohl bei Benn, der da um 1930, ähnlich wohl wie Heidegger (und etliche andere) die Zeichen der Zeit fehlgedeutet hatte.
(Mancher hatte bitterer zu bereuen als die beiden Genannten.)
Hat er gar denunziert? Der Hang zum Denunzieren ist einer der übleren deutschen Charakterzüge (in jedem Deutschen soll ja ein kleiner Oberlehrer stecken...).
Jedenfalls hat er wohl spätestens '34 eingesehen ("Röhm-Affäre"), dass er da grundlegend falsch lag. Da soll ihn gar die nackte Angst vor der braunen Meute angefallen haben. Den Heros hat er da wohl nicht gezeigt.
In charakterlicher Hinsicht war Jünger ihm klar über.
Am "nationalen Aufbruch" dürfte ihm, Benn, weniger das "Nationale" als der "Aufbruch" gefallen haben. Das war das letzte Wetterleuchten der expressionistischen Gewitter, die im frühen Jahrhundert übers Land gegangen waren.
Die Zeit der großen Vereinfacher, der "Dreinschläger" - siehe auch das von dir genannte "Klobige" (ich habe seine Schrift übrigens in meinem jüngsten Buch knapp charakterisiert).

Gutes Beispiel - Differenz von Werk und Person.

Grüße,
Klaus

Hallo

Dem Benn seine Anlage ist Neptun-Pluto (AC Skorpion mit Neptun-Pluto in 7), die Vorstellung der Reinheit. Diese ist bei vielen Nazis als Reinheitszwang mit Projektion auf die Rasse als Zwang zur Rassenreinheit zu finden. Die Wurzel des Nationalsozialismus war die Rassenreinheit, daher der Zug von Benn zum Nationalsozialismus.

Der Neptun kommt ja von Haus 4 vom Vater her (Pfarrer), welcher seiner Mutter im Krebsendstadium die Verabreichung von Schmerzmitteln mit der Begründung verweigert hat, der Schmerz sei von Gott gewollt. Die Vorstellung der Reinheit steht im Quadrat zum Mars von 10, der Mutter her. Diese Spannung zieht sich wie ein roter Faden durch Benns gesamte Werke. Die Artikulation des Reinen steht im Gegensatz zum Schmerz, so er die Spannung von Vater und Mutter als Erfahrung in sich selber trägt und als Werk artikuliert und von daher gar nichts anderes artikulieren kann.

Von daher ist eine Trennung von Werk und Lebenslauf schwierig, das eine bedingt das andere. Um das Beispiel Venus aufzugreifen, die Venus bedingt moralisch gesehen vielleicht eine schlechte Vita, die schlechte Vita ist aber gleichzeitig Bedingung für das Gestaltende als Venus selbst, oder das Gestaltende kann in einem anderen Haus oder Quadrant durch einen anderen Planeten als Gegenpol bedingt sein.

Oder wie will man jetzt bei Benn, um beim Beispiel zu bleiben, da eine Trennung finden?

Gruss
Roland

Zitat

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Oder wie will man jetzt bei Benn, um beim Beispiel zu bleiben, da eine Trennung finden?

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Wenn man sein Werk im 5. Haus sucht – da spricht der Häuserherr Mars am MC in der Jungfrau von einer schon recht schmerzhaften 'Verdauung' der väterlichen Venus. Mit dem Merkur in H5 aus 10 muss er analytisch gestalten, Widder ist auch noch Herr von 6 – es dürfte ganz schon anstregend sein für eine Stiersonne, als Bestimmung das wider den Stachel löcken gesetzt zu kriegen, vom Himmel...

Um allgemein zu bleiben: Das Werk würde ich in Haus 5 verorten. Es ist ja das (Er-) Leben eines Künstlers. Urteile darüber oder die Gestalt, die sich darob in der (Nach)welt bildet, sind andere Paare Stiefel.