Da wird die siderische Astrologie - so glaubt der Autor - demontiert.
Kernaussagen:
daß der Tierkreis, wenngleich ursprünglich an den Sternen fixiert, so doch von Anfang an tropisch konzipiert, d.h. auf die Jahreszeiten bzw. das Ackerbaujahr bezogen war daß die ganze antike Astrologie - auch die siderische! -, den Tierkreis mit den Jahreszeiten und mit dem Ackerbaujahr verband daß dies möglich war, weil man von der Präzession des Frühlingspunktes noch nicht wußte daß die siderische (vedische) Astrologie ihre Existenz der Tatsache verdankt, daß sie die Entdeckung der Präzession verschlafen und den ursprünglichen Sinn und Zweck der Sternbilder vergessen hat; daß ihr also ein fundamentales Miß- und Unverständnis der ursprünglichen Natur der Sternbilder zugrunde liegt daß die siderische, d.h. von den Jahreszeiten völlig abgekoppelte Astrologie somit später entstanden ist als die tropische, die den Tierkreis mit den Äquinoktien und Solstitien in Übereinstimmung bringt
Das ist ein recht verwickeltes Thema. Doch der Beitrag - nunmehr rund 15 Jahre alt - ist in den zentralen Punkten anfechtbar.
Rafael Gil Brand, Deutsch-Spanier ("Himmlische Matrix" - Chiron Verlag) ist einer der wenigen (ich zähle nicht zu diesen wenigen), der sich in die antiken Schriften vertieft hat - und, das ist wichtig: auch in diejenigen der Zeit um 1000 n.Chr. - allen voran Ibn Esra (den er wohl im Original lesen konnte). Liest man R.G. Brand, dann ergibt sich aufgrund der angeführten Quellen ein wesentlich anderes Bild.
So ist u.a. die Behauptung klar zu widerlegen, die alten Inder hätten nichts von der Präzession gewusst. Die Quellen sprechen eine andere Sprache. Der Gedanke: keine Kenntnis der Präzession, ergo siderisch wäre eh wenig stichhaltig - für sich genommen m.E. kein begründeter Einwand. Aber ist ja eh hinfällig - die Quellen belegen nach Brand klar, dass die Präzession in Indien bekannt war.
Vor allem aber: Dass der Tierkreis von Anfang an tropisch konzipiert gewesen sei, ist mit einem dicken Fragezeichen zu versehen. Genauer: eine Teilwahrheit.
Der wohl gravierendste Fehler des oben eingelinkten Textes: Er suggeriert eine Dichotomie von tropischem und siderischem Tierkreis, die es über lange Zeit gar nicht gab. R.G.Brand belegt dies zwingend etwa durch Ibn Esra. Der tropische Tierkreis, dem Rhythmus der Jahreszeiten folgend, wurde verwendet mit Blick auf den Jahreslauf und dessen kalendarische Erfassung - wesentlich also die Landwirtschaft betreffend. Ibn Esra war der bedeutendste Astrologe in der Zeit zwischen Abu Mashar und der Renaissance-Astrologie, bedeutender wohl noch als Bonatti. Ihm zufolge wurde der tropische Tierkreis für die Zwecke des Kalenders und der Landwirtschaft genutzt - für die individuelle Deutung wurde in der Antike - bis in seine Zeit! - der siderische Befund genommen. Dies ist also noch für die Zeit um 1000 n.Chr. belegbar. Zitat Ibn Esra: "Man muss wissen, dass die Teilung des Kreises des Firmamentes durch zwölf nach zwei Auffassungen vorgenommen wird, die eine nach dem Verstand, die andere nach dem Sehsinn; diejenige nach dem Verstand ist die Auffasung des Ptolemäus , diejenige nach dem Sehsinn ist die der Alten und der Inder, und jede von ihnen ist wahr und für die ganze Kunst in jeder Hinsicht notwendig." Übersetzung Brand. Was heißt "nach dem Verstand"? Gemeint ist zum einen die korrekte Erfassung - mit dem Verstand - des Frühlingspunktes, zum anderen die praktische Nutzanwendung - wie eben angesprochen. "Mit dem Sehsinn": gemeint ist das, was an Konstellationen sichtbar ist (der mathematisch bestimmbare Frühlingspunkt ist es nicht). Oder anders: Für astronomische Zwecke wurde der tropische Tierkreis genommen, für die astrologische Deutung der siderische - bis schrittweise das Siderische in Europa verschwand.
R.G.Brand folgt Ibn Asra - er lässt beide Tierkreise gelten - und hat zu beiden Maßgebliches geschrieben: "Lehrbuch der klassischen Astrologie" - über die Würden in der tropischen Astrologie. Und das ungemein lesenswerte Buch über die Würden in der siderisch-hellenistischen Astrologie, die erwähnte "Himmlische Matrix".
Zitat von Klaus im Beitrag #1https://www.astro.com/astrologie/in_vedic_g.htm
Zitat Ibn Esra: "Man muss wissen, dass die Teilung des Kreises des Firmamentes durch zwölf nach zwei Auffassungen vorgenommen wird, die eine nach dem Verstand, die andere nach dem Sehsinn; diejenige nach dem Verstand ist die Auffasung des Ptolemäus , diejenige nach dem Sehsinn ist die der Alten und der Inder, und jede von ihnen ist wahr und für die ganze Kunst in jeder Hinsicht notwendig." Übersetzung Brand.
Hallo Klaus, wo hast Du diese Übersetzung Gil Brands gefunden, und zitiert er auch den Text Ibn Esras? Der Originaltext würde mich sehr interessieren.
Zitat von Klaus im Beitrag #1........Für astronomische Zwecke wurde der tropische Tierkreis genommen, für die astrologische Deutung der siderische.....
Zitat von Klaus im Beitrag #1........Für astronomische Zwecke wurde der tropische Tierkreis genommen, für die astrologische Deutung der siderische.....
Das arbeitet in mir.
Das kann ich verstehen.
Daher auch meine Bitte (unter #2) an Klaus um Angabe der Fundstelle und möglichst auch um Wiedergabe des lateinischen Textes.
Hallo, klar, dass man die Quelle soweit möglich zu benennen hat
R.G.Brand: Himmlische Matrix. Die Bedeutung der Würden in der Astrologie. Tübingen 2014 (Chiron Verlag), S. 39 Zitat aus: El libro de los fundamentos de las Tablas de R.Abraham Ibn Esra, kritische Eidition von José Maroía Vallicrosa. Madrid.Barcelona 1947 (Seitenangabe fehlt) Text aus dem Lateinischen übersetzt von Brand. Also, mit dem Originaltext in Latein kann ich nicht dienen. Evtl. mal R.G.Brand via Mail kontaktieren? Ich sehe aber keinen Anlass, die Korrektheit der Übersetzung anzuzweifeln. Übrigens führt Brand weitere Zitate Ibn Esras an, welche die damals noch gegebene Orientierung am siderischen Tierkreis belegen. So u.a. ein Zitat, welches davon spricht, dass der Tierkreis der achten der neun Sphären (des mittelalterlichen Weltbildes) entspricht. Und diese achte Sphäre ist die der Fixsterne.
Ich kann das Buch nur empfehlen, es beinhaltet eine immense Fülle an zum Teil neuen Einsichten - teils mit Blick auf die hellenistische, teils mit Blick auf die indische Astrologie. Noch einmal: Brand folgt Ibn Esra insofern, als auch er die Stimmigkeit beider Systeme betont. (Was das Gegenüber der beiden Systeme für die Deutung beinhalten mag, wäre bei Gelegenheit an anderer Stelle zu diskutieren.)
ganz herzlichen Dank für Deine Antwort, die viel ausführlicher ist, als ich erwartet hatte!
Das von Dir erwähnte Zitat
Zitat von Klaus im Beitrag #5dass der Tierkreis der achten der neun Sphären (des mittelalterlichen Weltbildes) entspricht. Und diese achte Sphäre ist die der Fixsterne.
habe ich übrigens vor wenigen Minuten (auch?) in Ibn-Ezra, The Beginning of Wisdom, in der Übersetzung von Meira B. Epstein, p. 4, gefunden: "The names of the signs are Aries, [[...]], and Pisces. These are in the superior sphere which is the eighth, [and] together with the left (northern) and the southern images they total 48 images, [[...]]
Vielleicht hier eine Anregung zur Nord-Süddebatte in Christchurch. Eine Sphäre ist im mittelalterlichen Weltbild gewöhnlich eine Halbkugel über dem Erdkeis, an der die Fixterne befestigt sind. Weiter draußen wäre dann Gott. Volle Kugeln sind eher selten im MA. Versuche die tropische Astrologie aus ihrer symbolisch-mathematischen Tradition herauszulösen sind offensichtlich schwierig. Sepp
Zitat von sepp im Beitrag #7Vielleicht hier eine Anregung zur Nord-Süddebatte in Christchurch. Eine Sphäre ist im mittelalterlichen Weltbild gewöhnlich eine Halbkugel über dem Erdkeis, an der die Fixterne befestigt sind. Weiter draußen wäre dann Gott. Volle Kugeln sind eher selten im MA. Versuche die tropische Astrologie aus ihrer symbolisch-mathematischen Tradition herauszulösen sind offensichtlich schwierig. Sepp
Demnach wäre es nicht die Astrologie, die wirkt, sondern die "symbolisch-mathematischen Tradition". Jedenfalls wenn zutrifft, das australische Astrologen erfolgreich mit westlichen Charts rechnen. Und jedenfalls rührt das Thema an die Grundfesten der Astrologie.
Zitat von Klaus im Beitrag #1 Rafael Gil Brand, Deutsch-Spanier ("Himmlische Matrix" - Chiron Verlag) ist einer der wenigen (ich zähle nicht zu diesen wenigen), der sich in die antiken Schriften vertieft hat - und, das ist wichtig: auch in diejenigen der Zeit um 1000 n.Chr. - allen voran Ibn Esra (den er wohl im Original lesen konnte). Liest man R.G. Brand, dann ergibt sich aufgrund der angeführten Quellen ein wesentlich anderes Bild.
So ist u.a. die Behauptung klar zu widerlegen, die alten Inder hätten nichts von der Präzession gewusst. Die Quellen sprechen eine andere Sprache.
In dem Falle sollte man die Quellen der alten Inder selbst zu Rate ziehen - wie Dieter Koch es tut:
>
Präzession der Äquinoktien in der altindischen Astronomie
Ich meine daher, daß Varāhamihira weder hier noch anderswo in Pañcasiddhāntikā von der Präzession oder Trepidation handelt. Und es gibt keinen direkten Hinweis darauf, daß er überhaupt ein Modell der Präzession kannte. Allenfalls könnte man vermuten, daß der von ihm behandelte Romakasiddhānta, der Hipparchus’ tropische Jahreslänge kennt, auch von der Präzession gehandelt hat. Aber wir wissen es nicht. Außerdem hätte Varāhamihira aus der unterschiedlichen Jahreslänge des tropischen Romakasiddhānta und des siderischen älteren Sūryasiddhānta eine Präzessionsrate ableiten können. Aber er tut es nicht. Man erhält den Eindruck, daß er das Phänomen gar nicht versteht. Es ist noch nicht einmal sicher, daß er die Positionsveränderung der Solstitien in alter Zeit als eine kontinuierliche Bewegung begreift. Vielmehr könnte er sie als eine kataklystische Veränderung begriffen und eine vergleichbare Veränderung auch für die Zukunft erwartet haben. Eine Form von Präzessions- bzw. Trepidationstheorie findet sich erst in späteren Texten, zum ersten Mal wohl in der Version des jüngeren Sūryasiddhānta, 3.9-12, die Varāhamihira noch nicht zur Verfügung stand. Die Verse werden zum ersten mal zitiert von Govindaswāmin, der im 9. Jh. n. Chr. lebte, in seinem Kommentar zum Uttarakhaṇḍa des Parāśarahorāśāstra. Die Verse müssen also vor diesem Zeitpunkt entstanden sein. Interessant ist hierbei insbesondere die folgende Aussage:
"triṃśatkṛtyo yuge bhānāṃ cakraṃ prāk parilambate" (SS 3.9a) "600 mal in einem Zeitalter (von 4'320'000 Jahren) bleibt der Tierkreis in östlicher Richtung zurück"
Der Text zeichnet sich durch Gründlichkeit und Kenntnis hinsichtlich der altindischen Astrologie aus, nicht zuletzt durch die Beherrschung des Sanskrit.
"Demnach wäre es nicht die Astrologie, die wirkt, sondern die "symbolisch-mathematischen Tradition" Ich würds nicht so zuspitzen, aber die Astrologie hat doch eine Art pythagoräisches Grundgerüst und ist ein mathematisch idealisierter Kosmos. Schon die Zeichengrenzen sind nicht gleich in der Realität und Zahlen spielen bei Rhythmen eine überwältigende Rolle. Von den mythologischen Hintergrünen der Interppretation abgesehen.Sepp
Präzession der Äquinoktien in der altindischen Astronomie
So heißt das betreffende Kapitel in dem umfangreichen PDF. Dies nur zur besseren Orientierung.
Einen Absatz, der sich an den obigen Text anschließt, hatte ich vergessen:
> Das ist so zu interpretieren, daß der Tierkreis relativ zum Frühlingspunkt alle 7200 Jahre einmal nach beiden Seiten oszilliert. Die Amplitude dieser Oszillation beträgt, wie sich aus dem Kontext ergibt 27°. Interessant ist hierbei, daß der Frühlingspunkt als feststehend und der siderische Tierkreis als beweglich gedacht wird. Nicht gerade, was man erwarten würde, wenn doch in der heutigen indischen Kalendertradition und Astrologie die Äquinoktien und Solstitien völlig ignoriert werden. >
Es geht hier um verschiedene Dinge - man sollte sie nicht vermischen. Zur Quellenlage: da verweist R.G.Brand auf Hinweise, die die Kenntnis der Präzession im alten Indien vieleicht nicht beweisen, sie aber nahelegen. Ich kann das hier nicht alles auflisten. Im übrigen - ich sagte es - ist es unrichtig zu sagen, es gebe die siderische Astrologie, weil die Präzession unbekannt gewesen sei. Der Schluss des Autors: wäre sie bekannt gewesen, dann wär's aus gewesen mit dem siderischen Tierkreis. Das ist eine überaus fragwürdige Vermutung. Der eingangs eingelinkte Text ist auch in weiteren Punkten z.T. fragwürdig. Mitunter wird verwiesen auf die Tatsache, dass es bis heute keinen allgemein verbindlichen Ayanamsa-Wert gebe. Das ist richtig (nicht ganz allerdings: der Lahiri-Wert gilt als weitgehend gesicherter Standardwert). Es ist aber eine sonderbare Überlegung, den Schluss zu ziehen, dass es dank dieser numerischen Unwägbarkeiten keinen wirklichen A.-Wert geben könne. Die Tatsache, dass wir es mit einem Näherungswert zu tun haben, bedeutet doch nicht, dass dieser Bezugswert ein Phantom ist.
Zitat aus dem Text:
"Es hilft auch nichts, hier die "unglaubliche Treffsicherheit" der indischen Astrologie oder ihre jahrtausendelange Bewährung ins Feld zu führen. Es mag ja sein, daß manche indische Astrologen in der Prognose verblüffende Fähigkeiten an den Tag legen. Ich kann mir diese Fähigkeiten jedoch nur durch eine Paarung der Astrologie mit Psi-Phänomenen erklären, welche in der indischen Spiritualität ja eine große Rolle spielen. Oder anders gesagt: Wird eine astrologische Sitzung als ein religiöser Akt vollzogen, können besondere Dinge geschehen."
Man muss mal deutlich werden: das ist schlicht dummes Zeug.
Ein wenig vorschnell und herablassend abgetan. Wenn "man" deutlich würde, würde man sagen, das dies die Antwort ist, die jeglichen Arguments ermangelt, sich auch hier, wie schon gehabt, in Andeutungen ergeht. Es ist offensichtlich, das Dein Gewährsmann die indische Quellenlage nicht annähernd so kennt, geschweige denn versteht, wie Herr Koch, der wohlgemerkt des Sanskrit mächtig ist und auf Primärquellen zurückgreift. Und der seine Schlüsse und Feststellungen ausgiebigst begründen kann. Es ist im Übrigen bekannt, dass jede Kartenschlägerin mit intuitiven, hellseherischen Mitteln arbeitet. Indische Astologen bilden da keine Ausnahme.
Aber wie gesagt - auf Andeutungen und unartkulierte Statements ist nicht zu antworten.
Zitat Koch: "Auch was die Frage nach dem richtigen Tierkreis in der Geburtshoroskopie betrifft, so ist jedem zu mißtrauen, der aufgrund seiner „Erfahrungen“ lautstark und eindeutig Stellung bezieht. Solange kein statistischer Nachweis gelingt, daß Astrologie überhaupt funktioniert, sollten Astrologen über ihre „Erfahrungen“ mit gebührender Vorsicht und Bescheidenheit sprechen. Wichtig scheint mir auch, daß man miteinander diskutiert, und nicht etwa an abweichenden Ansichten grundsätzlich desinteressiert ist und einfach nur das erleuchtete Wissen der eigenen Schule zu lehren trachtet. Leider neigen gerade Astrologen und Astrologieschulen – und nicht nur die vedischen – zu derart sektenartigem Verhalten." Ohne Kommentar, Sepp. Sowoh Koch , wie Gil Brandt sehen eine Beeinflussung des Vedischen durch die hellenistische Astrologie. Wo ist das Problem?
Aber ich gebs ja zu. Bei jeder Deutung werfe ich die Scherben meines alten Wessobrunner Maßkrugs von 1634, auf dem draufstand: "Wer dös Krügl wiaft, der siagt, ob der Bua dös Dirndl kriagt" auf die alte Goamandaladecke und dann kommt der Geist über mich. Leider werden die Scheiben des Krügels immer kleiner, aber die Probleme werden ja auch immer komplizierter.
@Arman: Pseudoreligiöse, esoterisch-verquaste Astrologie gibt es drüben wie hüben, wie eigentlich doch jeder weiß. So what? Daher finde ich die zitierte Aussage ebenso überflüssig wie fragwürdig. "Kartenschlagen" etc in Verbindung mit Astrologie habe ich in den halbwegs seriösen Jyotish-Büchern nie vorgefunden. Apropos "Andeutungen" - die Ibn Esra-Zitate mitsamt Hinweisen empfinde ich nicht als vage Andeutungen. Im Übrigen besagt die zeitliche Priorität des einen oder anderen Systems wenig oder gar gar nichts über dessen vorgebliche Superiorität. Grüße, K.
Zitat von Klaus im Beitrag #15Pseudoreligiöse, esoterisch-verquaste Astrologie gibt es drüben wie hüben, wie eigentlich doch jeder weiß. So what? Daher finde ich die zitierte Aussage ebenso überflüssig wie fragwürdig. "Kartenschlagen" etc in Verbindung mit Astrologie habe ich in den halbwegs seriösen Jyotish-Büchern nie vorgefunden.
Hallo Klaus, das ist nicht gemeint und darum geht es nicht, da das ja hier nicht als Vorwurf thematisiert wird, sondern Intuition und hellseherische Fähigkeit als Erklärung für eine angebliche Treffsicherheit indischer Astrologen, die die siderische Astrologie als System, nach Ansicht Herrn Kochs, nicht hergibt.
Zitat von Klaus im Beitrag #15Apropos "Andeutungen" - die Ibn Esra-Zitate mitsamt Hinweisen empfinde ich nicht als vage Andeutungen.
Ibn Ezra ist gewiss ein guter Mann, vor dem ich Respekt habe, aber in diesem Zusammenhang halt keine Primärquelle. Herr Koch zitiert aus den Schriften der indischen Astrologen selber. Davon abgesehen erscheint es mir fragwürdig, "Verstand", was immer es im Original Ibn Ezras geheissen haben mag, mit "Verständnis des Frühlingspunkts" gleichzusetzen, wie Herr Brand es versucht.
es gibt einen Punkt in der MRL, 6° Fische / 24° Widder, der einen Wechsel andeutet. Ebenso deuten 0° Widder sowie die 0° der anderen Kardinalzeichen einen Wechsel an. Nun stimmt 6° Fische mit 0° Widder der siderischen Zeichen überein. Denn vor mehr als zwei Jahrtausenden, als die beiden Systeme sich trennten, waren beide 0° Widder-Punkte identisch, jetzt ist der Frühlingspunkt rund 24 ° weitergewandert. Besteht da ein Zusammenhang? Das gibt mir zu denken. Wie eben auch die Tatsache, dass die nördlichen Tierkreis-Charakteristika auf die Menschen der Südhälfte zutreffen, nicht aber auf die dortigen Jahreszeiten. Was wirkt hier also? Darum geht es mir.
Hallo Arman, Also, ich habe über rund zwei jahrzehnte hunderte von vedischen Deutungen gelesen - und da hatte ich nie das Gefühl, dass da primär hellseherische Komponenten am Werk waren. Eher im Gegenteil: eben weil man im Jyotish durchaus "strukturell" verfährt. Was nicht ausschließt, dass es dergleichen auf Jahrmarktsniveau geben mag. Gute Beispiele finden sich im ersten der eingelinkten Artikel von Brand. - Zu Ibn Ezra:Keine Primärquelle?? Geht es ums Siderische, so geht es nicht allein ums Indische. Was "Verstand" angeht - da müsste man den Originaltext vor sich haben.
Hallo Klaus, in der Tat würde ich gerne wissen, wie sich Ibn Ezra im Original zu dieser Sache äussert. Vertreter der Indischen Astrologie gab es früher einige in meinem Bekanntenkreis. Die machten dann auch Yoga und Meditation. Sie behaupteten, alle Astrologie stamme von der indischen Astrologie ab usw. Es geht mir nicht darum, die Überlegenheit des einen gegenüber dem anderen System zu konstatieren, sondern um die Systematik, die dahinter steht.
Man muss nicht in den indischen Götterhimmel eintreten, will man Zugang zum Jyotish haben (wobei das dort mitgelieferte Mythologische natürlich hilfreich sein kann - spezifisch wenn es um das Verständnis der Nakshatras geht.
Die Behauptung, alle Astrologie stamme ab von der indischen ist natürlich unsinnig. Tatsächlich ist vieles nach Indien gekommen erst aus dem babylonischen Raum, dann in der Zeit des Hellenismus. Das zeigt sich z.T, noch im Terminologischen - so ist etwa das indische Wort "Kendra" = Eckhaus dem Griechischen entlehnt. Ein weiterer Überblick hier: http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/2583096
Daraus (exemplarisch) dieses:
Die ältesten Horoskope sind siderisch
Die ältesten Geburtshoroskope untersuchte Professor Sachs. Ein Beispiel aus dem Jahre 410 v. Chr. - der Text dieses Horoskops lautet: “Monat (?) Nissan(?) Nacht (?) des (?) 14. (?) ... Geboren wurde der Sohn von Shuma -usur, Sohn des shum aiddina, Nachkomme des Deke. Zu dieser Zeit war der Mond unterhalb des „Horns“ des Skorpions, Jupiter in den Fischen, Venus im Stier, Saturn im Krebs. Mars im Zwilling, Merkur, der unterging, war gerade noch sichtbar...“ Untersucht man all diese Himmelsberechnungen, so findet man, dass sie alle siderisch berechnet wurden.
Zitat von Klaus im Beitrag #22 Man muss nicht in den indischen Götterhimmel eintreten, will man Zugang zum Jyotish haben (wobei das dort mitgelieferte Mythologische natürlich hilfreich sein kann - spezifisch wenn es um das Verständnis der Nakshatras geht.
Auch das könnte man in Frage stellen - zumal gerade den meisten westlichen Astrologen, die das Jyotish anwenden, das Verständnis des Sanskrit fehlt und damit auch die tieferen Zusammenhänge der indischen Mythologie, die sich ja nur über die Sprachbilder offenbaren.
Im Sanskrit haben wir noch mehr Lautwesen als im Hebräischen und insofern wäre diese Sprache noch mal differenzierter.
Die Übersetzungen liegen zumeist irgendwie daneben bzw. können bestenfalls Annäherungen liefern.
Auch das könnte man in Frage stellen - zumal gerade den meisten westlichen Astrologen, die das Jyotish anwenden, das Verständnis des Sanskrit fehlt und damit auch die tieferen Zusammenhänge der indischen Mythologie, die sich ja nur über die Sprachbilder offenbaren.
Im Sanskrit haben wir noch mehr Lautwesen als im Hebräischen und insofern wäre diese Sprache noch mal differenzierter.
Zugestanden - aber das ist das Problem einer jeden Übersetzung. Aber es gibt doch recht gute Beschreibungen der Nakshatras und ihrer mythologischen Hintergründe - auch wenn da wohl nur selten die Lautqualitäten zur Sprache kommen. LG Klaus